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Theorie: Willkommen

Unser Projekt

Autoren: Marvin Klingberg und Julian Werner

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Wachstum ist nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems

Unser Planet stößt hinsichtlich der verfügbaren Ressourcen an seine natürlichen Grenzen und die Akteure der liberalen Marktwirtschaft preisen Wachstum, Innovation und technologischen Fortschritt als Allheilmittel an. Jedoch sollte nach etlichen Finanz- sowie Wirtschaftskrisen und nicht zuletzt nach der Covid19-Pandemie die Anfälligkeit unseres gegenwärtigen, durch Wachstum geprägten Wirtschaftsmodell gegenüber äußeren Einflüssen deutlich geworden sein. Die Fokussierung auf Wirtschaftswachstum geht neben einer Abhängigkeit von endlichen, fossilen Ressourcen mit einer Externalisierungsgesellschaft einher – also einer Gesellschaft, welche nach Lessenich (2015) durch Ausbeutung über den Verhältnissen anderer lebt – und führt zu negativen Auswirkungen im natürlichen und sozialen System (globaler Umweltwandel, Klimawandel, Armut, Ungleichheit usw.). So beruht zum Beispiel unser Versorgungssystem auf der Ausbeutung von Bauern in Ländern im globalen Süden. Bereits in den 1960er und -1970er Jahren wurden die negativen Auswirkungen der Industrialisierung auf die Gesundheit der Menschen und auf die natürliche Umwelt belegt (vgl. Carson 1962; Meadows et al. 1972). Weiterhin verursachen Globalisierungsprozesse und internationale Arbeitsteilung entlang globaler Wertschöpfungs-ketten enorme soziale Disparitäten.

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Die Schere zwischen Vermögenden und am Existenzminimum Lebenden ist so groß wie nie zuvor, die Covid19-Pandemie hat diese Gegebenheiten weiter verstärkt (vgl. Petschow und Hofmann 2020; Kopatz 2021). Ebenfalls durch die Pandemie klar geworden ist, dass die gegenwärtigen Gesellschaften enorm abhängig von den bereits erwähnten globalen Wertschöpfungsketten ist. Eine Regionalisierung in manchen Lebens- und Wirtschaftsbereichen würde eine Resilienz gegenüber zukünftigen globalen Krisen schaffen.

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Aus den zuvor aufgeführten Gründen existiert die Dringlichkeit der Transformation des westlichen Wirtschafts- und Gesellschaftsmodells. Vor allem in der Zivilgesellschaft lassen sich Dynamiken beobachten, welche einen Wandel des Verständnisses von Wirtschaft und letzten Endes einen gesamtgesellschaftlichen Wertewandel hinsichtlich der Art und Weise wie wir uns versorgen, uns bewegen, arbeiten, uns bilden, vernetzen sowie zu leben erkennen lassen. Dieser Paradigmenwechsel ist als Alternatives Wirtschaften zu bezeichnen. Aufgrund dessen erscheint es von hoher Relevanz, die Akteure dieses Wandels beziehungsweise die Initiativen, welche die Transformation hin zu einem resilienten, nachhaltigen, sozial inklusiven und solidarischen Wirtschaftssystem vorantreiben, näher in den Blick zu nehmen und zu analysieren. Weiterhin werden die Formen Alternativen Wirtschaftens von solidarischen Ökonomien, der Sharing-Economy bis hin zur Postwachstumsgesellschaft näher beschrieben (s. Theoretische Rahmung) und den Pionieren des Wandels zugeordnet (vgl. Affolderbach und Schulz 2015; Lange et al. 2020).

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Das Lehrforschungsprojekt beschäftigt sich folglich mit konkreten Praktiken und Umsetzungen Alternativen Wirtschaftens in Rheinland-Pfalz. Hierbei ist die Frage entscheidend, welche Akteure die Transformation im Bundesland vorantreiben, in welchen Transformationsfeldern sie aktiv sind, welche Entwicklungen sie anstoßen und welches Potenzial zur Transformation konkret von ihnen ausgeht. In diesem Kontext wurde eine „Landkarte der Transformation“ angefertigt, welche die zuvor identifizierten Pioniere darstellt. Übergeordnet und abschließend steht die Frage nach dem gesamten Transformationspotenzial, welches in Rheinland-Pfalz zu finden ist. 

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Die Pioniere des Wandels in Rheinland- Pfalz wurden mittels Internetrecherche, Interviews und einem Schneeballverfahren ausfindig gemacht. Dabei wurden die Transformationsfelder der Pioniere des Wandels nach den sechs Daseinsgrundfunktionen Wohnen, Mobilität, Freizeit, Arbeiten, Bildung/Netzwerke und Versorgung gegliedert. In einem mehrstufigen Analyseprozess wurden die Pioniere hinsichtlich unterschiedlicher Kriterien beschrieben. Anschließend wurden ausgewählte Pioniere mittels weiterführender Recherche sowie qualitativer, leitfadengestützter Interviews näher untersucht. Im Fokus der qualitativen Untersuchung stand das von den Akteuren ausgehende Potenzial, die Transformation in dem jeweiligen Handlungsfeld anzustoßen sowie deren gegenwärtiger Einfluss auf das Transformationsfeld. Auf Basis der nun gewonnenen Erkenntnisse konnten die Pioniere weiterhin nach ihrer Transformationstiefe (also der von den Akteuren ausgehenden Kraft, den jeweiligen Teilbereich zu transformieren) gegliedert werden. Es wurden weiterhin spezifische und detaillierte Querschnittsfragen in Bezug auf die einzelnen Handlungs- und Transformationsfelder aufgestellt und bearbeitet.

 

Literatur

Meadows, D. L. / Randers, J. / Meadows, D. H. / Behrens, W. W. (1972): The Limits to Growth. A report for the club of rome’s project on the predicament of mankind. New York.

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Carson, R. (1962): Silent Spring. o.O.

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Petschow, U. / Hofmann, D. (2020): Alternative Ökonomien – wann, wenn nicht jetzt? – In: Ökologisches Wirtschaften - Fachzeitschrift, (33) 3, 25.

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Kopatz, M. (2021): Wirtschaft ist mehr! Wachstumsstrategien für nachhaltige Geschäftsmodelle in der Region. München.

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Affolderbach, J. / Schulz, C. (2015): Grünes Wachstum und alternative Wirtschaftsformen. – In: Geographische Rundschau, 5/2015, S. 4-9.

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Lange, B. / Hüls, M. / Schmid, B. / Schulz, C. (2020): Postwachstumsgeographien. Transcript Verlag.

 

Lessenich, S. (2015): Die Externalisierungsgesellschaft. Ein Initialisierungsversuch. – In: Soziologie, 44, 1, S. 22-32.

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Schulz, C. (2017): Postwachstum in den Raumwissenschaften. – In: Nachrichten der ARL, 47, 4, S. 11-14.

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